„Mazal-tov“ jüdisch-mittelalterliches Erbe in Erfurt

5 besondere Orte, die ihr bei einem Stadtspaziergang nicht verpassen solltet

Der historische Stadtkern von Erfurt birgt zahlreiche sehenswerte Orte, an denen Geschichte geschrieben wurde, bedeutende Persönlichkeiten wirkten oder Stadtviertel, die durch ihre Anwohner geprägt sind. Bei einem Stadtbummel findet man immer wieder besondere Schätze. Zu nennen ist hier – aus aktuellem Anlass – das authentische jüdisch-mittelalterliches Erbe von Erfurt, das seinesgleichen sucht. Funde, die die Geschichte der Stadt neu geschrieben haben und die auch die UNESCO zu schätzen und schützen weiß. Am 17. September 2023 wurden die Alte Synagoge, die Mikwe und das Steinerne Haus zum UNESCO-Welterbe ernannt.

Euch erwartet im Folgenden ein etwas anderer Stadtspaziergang, fernab vom klassischen Sightseeing in Erfurt. Wir laden euch ein, auf den UNESCO-Spuren jüdisch-mittelalterlichen Lebens in Erfurt zu wandeln und 900 Jahre jüdische Geschichte in Thüringen sowie authentische Orte des jüdischen Lebens in Erfurt zu entdecken. Unsere Top 5 Schauplätze der Geschichte haben so einiges zu erzählen!

Stopp #1 - Die Alte Synagoge (UNESCO-Welterbe)

Wir starten unseren Rundgang in der Waagegasse. Nur wenige Minuten vom Rathaus entfernt, befindet sich dort die Alte Synagoge. Sie gehört zu den wenigen erhaltenen mittelalterlichen Synagogen und ist zugleich die älteste bis zum Dach erhaltene Synagoge Mitteleuropas.

Die Alte Synagoge beherbergt ein außergewöhnliches Museum. So finden sich in der dortigen Ausstellung Exponate, die die jüdische Geschichte der Erfurter Gemeinde bezeugen, Informationen zur Baugeschichte der Synagoge, Hebräische Handschriften sowie der sogannte Erfurter Schatz. Im Hof der Synagoge sind zudem Grabsteine des weitgehend zerstörten mittelalterlichen jüdischen Friedhofs zu sehen.

Der Erfurter Schatz
Der Schatzfund aus dem 13./14. Jahrhundert, ausgestellt im Keller des Museums, ist mit über 3.000 Silbermünzen, 14 Silberbarren, über 700 gotischen Gold- und Silberschmiedearbeiten und dem jüdischen Hochzeitsring weltweit einzigartig.

 

Stopp #2 - Die Mikwe (UNESCO-Weltererbe)

Wenige Meter weiter, befindet sich am Gera-Ufer der Krämerbrücke der nächste Punkt unserer kleinen UNESCO-Reise durch das jüdische Erbe Erfurts: die Mikwe. Sie wurde 2007 im Rahmen von Grabungsarbeiten entdeckt und ist neben der Synagoge ein wertvolles Zeugnis der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde. Die Erfurter Mikwe gilt als eines der wenigen erhaltenen jüdischen Ritualbäder des Mittelalters in ganz Europa.

Auch wenn die Mikwe ausschließlich im Rahmen von Führungen zu besichtigen ist, könnt ihr bei eurem Rundgang jederzeit das Tauchbecken über ein Fenster in der Decke des Schutzbaus einsehen.

Stopp #3 - Das Steinerne Haus (UNESCO-Welterbe)

Unser Weg führt uns nun zum Benediktsplatz, wo ein mittelalterlicher Steinbau ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit rückt. Bei diesem sogenannten „Steinernen Haus“ handelt es sich um ein herausragendes Zeugnis spätmittelalterlicher Baukultur, das spätestens seit dem Ende des 13. Jahrhunderts jüdischem Besitz zugeordnet werden kann. Um 1250 fertiggestellt, haben sich erstaunlich viele bauliche Strukturen erhalten. Besonders eindrucksvoll – und zugleich europaweit einzigartig – ist die erhaltene Ausstattung des Obergeschosses. Im Keller des Hauses könnt ihr im Rahmen einer Führung das Schaudepot mit einzigartigen Grabsteinen vom mittelalterlichen jüdischen Friedhof bestaunen.

Tipp: In der App „Thuringia. MyCulture“ findet ihr zahlreiche Erlebnis-Touren durch Thüringen. Eine Tour führt euch durch spannende Geschichten zum Thema „Leben im Mittelalter – Jüdisches Kulturerbe in Thüringen“. Auch das „Steinerne Haus“ kann erlebt werden.

Stopp #4 - Die Kleine Synagoge

Wir gehen nur ein paar Schritte weiter und schon sind wir an der Kleinen Synagoge. Sie ist heute Begegnungsstätte und beherbergt eine Ausstellung, die über das jüdische Leben in Erfurt im 19. und 20. Jahrhundert informiert. Weiterhin finden an diesem Erinnerungsort vielfältige Veranstaltungen statt.

Die kleine Synagoge, heute unter Denkmalschutz, wurde 1840 von der jüdischen Gemeinde eingeweiht und überstand eine wechselvolle Geschichte. Ende der 1980er Jahre wurde die Baugeschichte des Hauses aufgearbeitet und eine Sanierung vorgenommen. Dabei fand man auch eine Mikwe, den Toraschrein und die Frauenempore. Der Betsaal zeigt sich heute in nahezu ursprünglichem Zustand.

Stopp #5 - Die Neue Synagoge

Unweit der belebten Gassen und Plätze führt unser Stadtrundgang nun zur Neuen Synagoge am Max-Cars-Platz. Sie ist bis heute Gotteshaus und Mittelpunkt einer lebendigen Gemeinde. In diesem Zusammenhang werden unter anderem wöchentlich stattfindende Schabbat-Gottesdienste gefeiert, die auch nichtjüdischen Besuchern jederzeit offenstehen und den Dialog pflegen.


Jüdisches Leben hat in Erfurt eine lange Tradition und wird heute noch gelebt. Darüber hinaus findet man an zahlreichen anderen Orten Thüringens noch besondere Schauplätze der jüdischen Kultur und Geschichte. Auch bei Veranstaltungen, wie den Achava Festspielen, den Yiddish Summer Weimar und den Jüdisch-israelischen Kulturtagen Thüringen, kann man an dieser lebendigen jüdischen Kultur teilhaben.


Hat euch der Artikel gefallen?

kampagne_kulturerbe, such-thema_unesco, such-thema_juedisches-leben