Schätze der Historie, der Archäologie und der Kunst

Kulturhistorisches Museum Mühlhausen

Aus der überwiegend von Fachwerkhäusern dominierten Altstadt Mühlhausens erhebt sich beim südlichen Teil der historischen Stadtmauer ein auffallendes Gebäude im Neorenaissancestil: das Kulturhistorische Museum – ein wunderbarer Ausgangspunkt, um in die einzigartige, über 1000-jährige Geschichte der mittelalterlichen Reichsstadt Mühlhausen einzutauchen. Sehenswerte archäologische Funde aus dem Unstrut-Hainich-Kreise sowie eine abwechslungsreiche beeindruckende Selektion an Thüringer Kunst des 19., 20. und 21. Jahrhunderts runden das Museumserlebnis ab.

Das Kulturhistorische Museum ist der Ort in Mühlhausen, an dem die vielfältige Geschichte der Stadt und der Region in all ihren bunten, zum Teil sogar dramatischen Facetten erforscht werden kann – in einer gekonnt authentisch inszenierten Atmosphäre. Das Gebäude wurde vor zehn Jahren grundsaniert. Wie viel Herzblut des engagierten Teams in die einzelnen Fachbereiche geflossen ist, lassen das wohldurchdachte museumspädagogische Konzept und die Auswahl der Exponate spüren.

Staunt, was ich schon alles erlebt habe

Für stadtpolitisch interessierte Besucherinnen und Besucher ist insbesondere der erste und größte Teil „ReichsSTADT“ sehr aufschlussreich, denn Mühlhausen hatte von 1251 an bis zum Jahr 1802/03 den außergewöhnlichen Status einer Freien Reichsstadt inne. Erfahrt, was es für Freiheiten, Rechte und Pflichten gab, wenn eine Stadt dem Kaiser direkt unterstellt war und sich autonom verwalten durfte. Eine fortschrittliche Eigenheit war, dass der bürgerlichen Oberschicht die Regelung der städtischen Angelegenheiten übertragen wurde. In diesem Zusammenhang lernt ihr überdies etwas über die nahezu allgegenwärtige Historie der Ratsherren Mühlhausens, der ihr vor Ort immer wieder in Sehenswürdigkeiten wie dem historischen Rathaus oder der Marienkirche begegnen werdet. In der Regel kamen die Bewohner freier Reichsstädte einfacher zu Wohlstand, was die Ortschaften schneller wachsen ließ und sich außerdem auf das Stadtbild durch für damalige Verhältnisse anspruchsvolle Bauten auswirkte. 

Seit jeher war Mühlhausen eine „KirchenSTADT“. Allein im Mittelalter wurden schon elf gotische Kirchen gebaut – wovon die Hälfte allerdings mittlerweile nicht mehr für religiöse Zwecke genutzt wird. Die Franziskaner errichteten in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts hier bereits ein Kloster – die noch heute erhaltene Kornmarktkirche zeugt davon –, auch der Ritterorden „Deutscher Orden“ erhielt 1227 Besitz in der Stadt. Der Theologe und radikale Reformator Thomas Müntzer predigte in der örtlichen Marienkirche als einer der Akteure im Bauernkrieg 1525. Bad Frankenhausen sowie Mühlhausen waren Dreh- und Angelpunkte in Thüringen für dieses nachhaltig wirkende Ereignis rund um das Thema „freiheyt“ in der frühen Neuzeit. Wer im Nachgang das Museum St. Marien | Müntzergedenkstätte in der säkularisierten Marienkirche sowie das Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche besucht – beides Originalschauplätze –, wird sicherlich auch emotional ganz und gar in das turbulente Jahr 1525 geführt. 

In dem Bereich „BürgerSTADT“ werden bekannte Mühlhäuser Persönlichkeiten vorgestellt, die entweder eng mit historischen Ereignissen der Stadt verknüpft sind oder die Welt mit ihrem Können bereicherten. Der in Mühlhausen geborene Ingenieur und Brückenbauer Johann August Roebling wanderte in den 1830er Jahren in die USA aus. Dort konstruierte er unter anderem die berühmte New Yorker Brooklyn Bridge. Friedrich August Stüler aus dem Mühlhäuser Patriziergeschlecht verantwortete als Architekt im 19. Jahrhundert unvergessliche Bauprojekte wie das Neue Museum auf der Berliner Museumsinsel, die den Titel „UNESCO Weltkulturerbe“ trägt. Nur etwa ein Jahr lebte der Komponist und Musiker Johann Sebastian Bach in Mühlhausen, setzte der Stadt aber dennoch ein ewiges musikalisches Denkmal: Hier komponierte er die populäre Ratswechselkantate „Gott ist mein König“.

Den Abschluss der Ausstellung bildet „IndustrieSTADT“ – Mühlhausen war früher beispielsweise ein Zentrum für Mikroelektronik – ebenso wie für Mühlenwirtschaft und textile Industriezweige. Ihre Anfänge gehen sogar bis in das Mittelalter zurück. Ab dem 19. und zum Teil noch im 20. Jahrhundert erlebten insbesondere Unternehmen für die Verarbeitung von Wolle, Nähfabriken und Gerbereien ihre Blütezeit. Selbst eine Zigarrenfabrik gab es. Manche der Ausstellungsstücke zaubern einem ein „nostalgisches Lächeln“ ins Gesicht – etwa die Modelle erster Taschenrechner aus den 1970er Jahren, ein Schulranzen oder ein Fahrrad bekannter DDR-Marken. 

Vergangenheit entdecken mit dem Auge von heute

Der Unstrut-Hainich-Kreis gehört zu den Gegenden in Thüringen mit den meisten Funden aus der Jungsteinzeit bis zum Frühmittelalter. Nur ein geringer Teil des Gesamtbestandes von 300.000 Einzelstücken wird gezeigt, dafür einige besondere Exponate. Ihr könnt Münzen, Schmuck und andere Ausgrabungsgegenstände wie Gefäße und Metallobjekte aus über 6000 Jahren sehen und erfahren, was die Forschung bisher zu diesem Zeitraum ergeben hat. Das Zentralthema dreht sich um „Migration und Mobilität“ in der Ur- und Frühgeschichte sowie um die tiefgreifenden ökonomischen und technischen Veränderungen, die damit einhergingen. Gegenstände im Kontext mit den Gebräuchlichkeiten rund um „Tauschen und Kommunizieren“ sind ebenfalls präsentiert. 

Thüringen stets im Blick

Kunstinteressierte begeistern die wechselnden Werke, in der Hauptsache Ölgemälde und Druckgrafiken aus dem Zeitraum 19. bis 21. Jahrhundert. Die Künstlerinnen und Künstler stehen in Bezug zu Thüringen, entweder weil ihr Geburtsort oder ihr Wohnort dort lag bzw. liegt oder weil die Region thematisch von ihnen verarbeitet wurde. Bilder von Oswald Baer, Verfechter der Kunstrichtung „Neue Sachlichkeit“, oder Ali Kurt Baumgartens „Judaskuss“ werden dort ausgestellt. Eines der vielen Portraits seiner Mutter, die Otto Dix, geboren in Gera, kurz vor ihrem Ableben noch anfertigte, gehört als anrührendes Exponat zur Kunstgalerie.

Kinder geschichtlich an die Hand nehmen

Ein Augenmerk des Museums liegt darauf, den Nachwuchs für kulturhistorische Themen zu begeistern. Wissen wird anschaulich und spielerisch an (Mitmach-)Stationen vermittelt. Eurem Kind gefällt es sicher, sich als zentrale Figur der Mühlhäuser Geschichte zu verkleiden und mit einem Entdeckungsrucksack auf Tour zu gehen. Wo etwas Besonderes auf sie wartet, zeigt den Kindern Adalbert von Mühlhausen, ein jung gebliebener reichsstädtischer Adler, der aus dem Stadtwappen geflogen ist. Für Kindergärten, Schulklassen und andere Bildungseinrichtungen bietet das Kulturhistorische Museum eine Reihe erlebnisreicher Aktionen.

Stimmungsvolle Spaziergänge 

Erkennt ihr den Gegenstand unter dem Adler auf dem Mühlhäuser Wappen, das ihr im Kulturhistorischen Museum finden könnt? Schwer auszumachen, aber wenig verwunderlich: ein Mühleisen. 30 Mühlen durchzogen früher die Stadt, von denen leider nur noch wenige Überreste zu sehen sind. Fast vollständig erhalten ist die nahezu drei Kilometer lange mittelalterliche Stadtmauer, die sich von Frühjahr bis Herbst begehen lässt – ein faszinierender Spaziergang kann direkt vom Kulturhistorischen Museum gestartet werden und sollte bei einer Mühlhausenreise nicht fehlen. 

 

„freiheyt 1525. 500 Jahre Bauerkrieg“
Thüringer Landesausstellung 2025

In der Landesausstellung werden die aufeinander aufbauenden Phasen des Bauernkriegs aus überregionaler Perspektive gezeigt. Das Kulturhistorische Museum ist Teil der Thüringer Landesausstellung 2025 – und dritte der vier prägnanten Stationen in der mittelalterlichen Reichsstadt Mühlhausen. Bei seiner Sonderausstellung beschäftigt sich das Museum mit den Auswirkungen des Bauernkriegs auf das kulturelle Gedächtnis.

 

Titelbild: ©Florian Trykowski, Thüringer Tourismus GmbH
Grafik im Website-Block: Sebastian Köpcke, Mühlhäuser Museen

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