Eine für alle

Veste Heldburg

Wusstet ihr, dass eine durchschnittliche Ritterrüstung „nur“ etwa 20 Kilo wiegt? Dass im Mittelalter kaum gefoltert wurde? Und dass es wohl eher ein Klischee ist, dass sich die Menschen damals gepudert statt gewaschen haben? Es gab im Speisesaal der Burgen sogar teilweise mobile Becken zum Händewaschen. Einen solchen Holzwaschtisch kann man im Deutschen Burgenmuseum auf der Veste Heldburg ganz im Süden Thüringens bestaunen.

Zu sehen gibt es neben Burgenmodellen auch etwa 350 originale Exponate, anhand derer die Dauerausstellung anschaulich darstellt, was wir heute über Burgen wissen können – und was uns noch immer Rätsel aufgibt. Zu den wertvollsten Gegenständen gehören eines der ältesten deutschen Schwerter, eine Sturmleiter und zwei lebensgroße kämpfende Ritterfiguren in Rüstung. Kinder werden besonders über das filigrane Spielzeug aus der Zeit um 1400 staunen, über die erstaunlich kleinen Betten erwachsener Rittersleute und über eine in alle Einzelteile zerlegte, quasi gesprengte Ritterrüstung.

„Wir wollen in dem Museum alles zur Geschichte und Kulturgeschichte der Burg im deutschsprachigen Raum erzählen“, sagt Prof. Ulrich Großmann, der Leiter des Deutschen Burgenmuseums. Dass es in der Ausstellung gar nicht so viel ums Kämpfen, sondern viel mehr um den Alltag geht, hat einen Grund. Denn, so der Experte: „Nur jede dritte Generation von Burgbewohnern erlebte überhaupt eine Belagerungssituation.“ Der Rest war auch auf einer mittelalterlichen Burg eher unspektakulär: Man herrschte, man verwaltete, man lebte. Und die Freizeit vertrieb man sich beim Jagen und Spielen.

Im Deutschen Burgenmuseum lernt man auch, dass die Geschichte der deutschen Burgen nicht mit dem ausgehenden Mittelalter oder der Reformation endet. Es sei ein Mythos, meint Burgenexperte Großmann, dass die meisten Burgen damals verlassen wurden und verfielen. Das Burgenleben ging vielmehr in der Neuzeit munter und nicht immer allzu zimperlich weiter. Denn erst im 16., 17. und 18. Jahrhundert, so erfährt man, wurde in den zu Amtssitzen und Gerichten umfunktionierten Gebäuden systematisch gefoltert.

Auch die Veste Heldburg stand nie leer. Die mittelalterliche Höhenburg wurde mehrmals erweitert, noch im 16. Jahrhundert baute man einen eindrucksvollen Renaissancebau an, den sogenannten Französischen Bau. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog ein Amtsgericht ein, dann eine sowjetische Kommandantur. Anschließend war die Burg ein Kinderheim. Doch 1982 brannten die Räumlichkeiten fast komplett aus. Man kann die Spuren noch sehen, sie wurden beim damaligen Renovieren teilweise erhalten.

Seit September 2016 zieht die Veste Heldburg, die schon für sich eine Attraktion ist, Burgenfreunde aus aller Welt an. Besucher tauchen ein in eine längst vergangene Zeit und kehren erst im letzten der Räume wieder ins Hier und Jetzt zurück. Dort nämlich stehen Computerterminals bereit, an denen Besucher nachschauen können, wo überall in Thüringen und im deutschsprachigen Raum weitere spannende Burgen stehen und besichtigt werden wollen.

 

Titelbild: ©Björn Chilian

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