Von Bienen und Blumen

Eine Radtour im Tal der Ilm

Im mittleren Ilmtal ranken Rosen und wurzeln alte Obstbäume. Gemächlich fließt die Ilm vorbei an sanften Hügeln, bienensummenden Wiesen und romantischen Dörfern. Ideale Bedingungen für eine entspannte Radtour entlang des Flusses.

Die Bienenbändiger von Tonndorf

Ein Pferdefuhrwerk zuckelt aus dem Tonndorfer Schlosshof heraus; darauf klappern Milcheimer. Wohin des Weges? „Runter ins Dorf, die Milch abliefern“, ruft die junge Frau auf dem Kutschbock unter ihrem roten Kopftuch hervor und lacht. „Altglas nehm’ ich auch gleich mit!“. Sie winkt, wir winken zurück.

Ilmtalradweg

©Gregor Lengler, Thüringer Tourismus GmbH

Dann wenden wir uns wieder Christian zu, der mit Strohhut und offenem Hemd mitten in einer blühenden Streuobstwiese steht. Er schwenkt eine alte Eisenkanne, aus der es sanft hervorraucht. Christian ist Imker auf Schloss Tonndorf und auf dem Weg zu seinen Bienenstöcken. Rauch benebelt die Bienen und hält sie ruhig, so dass Christian gefahrlos die Zargen aus den Stöcken ziehen kann.

Ein paar Meter Bäume weiter stehen ein paar rötliche Kühe in der Wiese. Von irgendwo erklingt Kindergejuchze. „Kann ich nicht auch noch einziehen?“, frage ich Christian. „So wie ihr will ich auch leben!“ Christian Stiefel lacht. Der Schlossimker von Tonndorf kennt das schon: Besucher, die sich spontan verlieben in das Idyll im Ilmtal, diese 1000-jährige Burg auf einer sanften Anhöhe zwischen Weimar und Erfurt, in der sich rund 60 Menschen zu einer ökologischen, hierarchiefreien Lebensgemeinschaft zusammengetan haben. „Du müsstest erst probewohnen; danach entscheiden wir gemeinsam, ob du zu uns passt“, erklärt er das Verfahren. Ein bisschen zu viel Basisdemokratie für meinen Geschmack. Aber macht ja nichts: Schloss Tonndorf ist auch für einen Kurzbesuch sehr schön.

Ilmtalradweg

©Gregor Lengler, Thüringer Tourismus GmbH

Wir sind auf dem Ilmtalradweg unterwegs, dem beliebtesten Radweg Thüringens. Auf knapp 123 Kilometern verläuft die Route von Allzunah am Rennsteig in nordöstlicher Richtung bis zur Saalemündung in Großheringen. Heute haben wir uns die 30 Kilometer lange Etappe zwischen Kranichfeld und Weimar vorgenommen.

Ein Märchenland am Fluss

Die Route schlängelt sich durch ein stilles ländliches Märchenland voll üppig blühender Gärten, Fachwerkhäusern, die sich in Wiesen ducken und Obstbäumen, in denen schwer die Früchte hängen. Auch im kleinen Dorf Tiefengruben, eine flotte Abwärtsfahrt von Tonndorf entfernt, fühlt es sich an, als radelten wir durch ein Astrid-Lindgren-Buch. Tiefengruben ist nahezu kreisrund: ein holpriges Pflastersträßchen wie aus längst vergangenen Jahrhunderten führt einmal im Kreis um Kirche und Dorfteich herum; dahinter liegen die Bauernhöfe.

Ilmtalradweg

©Gregor Lengler, Thüringer Tourismus GmbH

Wir haben Durst und auch ein bisschen Hunger. In der Dorfstraße 41 steht Anja Pfotenhauer im Hofladen ihrer Mosterei. Das Ilmtal ist Streuobstland; Anja – jung, schwungvoll, herzlich – verkauft nicht nur feinste Apfel- und Holundersäfte, sondern bietet auch selbstgemachten „Kuchen im Glas“ an sowie Wurst und Käse von lokalen Produzenten. Wir stellen uns ein kleines Picknick zusammen. „Ihr dürft damit gerne in den Garten gehen“, lädt Anja uns ein, und das tun wir auch. Keine Café-Terrasse könnte schöner sein! In den Beeten wachsen Kohlrabi und Gelbe Rüben, dahinter ranken sich Rosen und Kamille der Sonne entgegen. Unter knorrigen Apfelbäumen picken Hühner und Wachteln. Im Gras verstreut stehen ein paar Liegestühle, und nach unserer Brotzeit schwinge ich noch ein bisschen in der roten Hängeschaukel und träume in das Blätterdach des alten Nussbaums hinein.
Der Abschied fällt schwer.

Im nahen Bad Berka, einem putzigen Kurstädtchen, trösten wir uns mit einer Mango-Maracuja-Kreation aus dem Eiscafé „Oha“ und radeln dann durch den weitläufigen Kurpark, in dem aus unsichtbaren Lautsprechern ein Klavierkonzert perlt. Auch auf der weiteren Strecke, immer an der dunkel rauschenden Ilm entlang, bleibt es höchst idyllisch: Rastbänke unter Ebereschen, ein hoppelnder Hase bei Buchfart, klappernde Mühlräder, Heckenrosen und liebevolle gepflegte Gärten, wohin das Auge blickt. Vor der Kirche in Oettern hat sogar jemand einen Wiesenblumenstrauß arrangiert. Radler, aufgepasst: Im Ilmtal blüht euch richtig was!

Titelbild ©Gregor Lengler

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