Geschichten rund um die Krämerbrücke in Erfurt
Man kann bis ins Herz der Krämerbrücke blicken. Dort, in den Tiefen der Brückenpfeiler, liegen die kühlen Keller der Händler. Also die ausgetretenen Steinstufen hinabsteigen, den Kopf beim Eintreten etwas einziehen - und das Wasser der Gera sehen. Denn durch ein Fenster im Gestein schaut man hinab auf das Flüsschen, das munter über die Steine der Brücke springt - der Sonne entgegen. Hier unten war früher auch der Kram gelagert, den die Erfurter Händler an der Via Regia, der Handelsstraße von Ost nach West, den Reisenden verkauften. Kram, das waren damals kleine, wertvolle Dinge wie Gewürze, Edelmetall und Farben. Noch immer nutzen die Mieter den Brückenkeller als Lagerraum - und neuerdings auch als Reifestube. Goldhelm-Chocolatier Alex Kühn hat einen Klosterlikör kreiert, der im Krämerbrückenkeller in Barrique-Fässern gereift ist.
Man muss ein Gefühl für den Ort und seine Eigenart haben, ihn mitgestalten wollen. Und man sollte tolerant sein, denn im Sommer bummeln bis zu 5.000 Touristen täglich durch das Gässchen. Die Krämerbrücke gehört tagsüber der großen, weiten Welt. Und wenn man die Haustür kurz offen stehen lässt, werden automatisch ein paar Menschen hereingespült, die sehen möchten, wie so ein hutzeliges Fachwerkhäuschen wohl von innen ausschaut.
Heute stehen 32 Fachwerkhäuser auf der Krämerbrücke und bis auf zwei Gebäude gehören alle der Stadt Erfurt. Einfach so mieten kann man hier nichts. Man muss einen Antrag stellen. Bevorzugt werden ungewöhnliche Geschäftsideen, Kunsthandwerker, Kreative. Und so gibt es mitten in Erfurt ein Kleinod ohne Modeläden-Filialen und langweiliger Souvenirbuden ...
"Vor vielen, vielen Jahren hatte ich einen Traum.", erzählt Beate Kister. "Ich träumte davon, einmal auf der Krämerbrücke zu leben." Heute ist die Frau mit dem roten Tuch im Haar und dem grün-weiß-karierten Kleid Malerin und Mieterin im Haus mit der Anschrift Krämerbrücke 25.
Jeder Laden ist eine kleine, wunderbare Welt für sich: Linkshänder-Geschäft, Schmuckdesign, Galerie, Keramik, Antiquitäten, Buchladen, Feinkost, Schokoladen-Manufaktur, Thüringer Spezialitäten. Die Krämerbrücke ist ein Ort, an dem die Händler nicht aufs schnelle Geld aus sind, sondern an einem eigenen, geglückten Lebensentwurf basteln.
"Die Brücke ist mein Leben.", so beschreibt der Puppenbauer Martin Gobsch seine Beziehung zum magischen Ort Krämerbrücke. In seiner Werkstatt erfindet er kleine Welten für das Theater, denn er fertigt Marionetten für die Thüringer Theaterlandschaft. Bei seiner Arbeit darf ihm auch gern über die Schulter geblickt werden.
Und da gibt es Bettina Vick, die vor vielen Jahren hierher umgezogen ist und im Haus Nr. 19 Thüringer Köstlichkeiten verkauft. "Es macht mich unwahrscheinlich glücklich, andere Menschen zu begeistern." Dies gelingt ihr täglich an diesem außergewöhnlichen Standort und mit original Thüringer Spezialitäten.
Die Krämerbrücke und die Gassen drumherum stecken voller eigenwilliger Geschichten. Etwa 50 Menschen wohnen auf der Krämerbrücke und jeder kennt jeden.
Wenn Alex Kühn, der Erfinder der Goldhelm Schokolade, erzählt, wie er auf der Krämerbrücke seine erste Schokolade auf einen Marmorstein gegossen hat, weil für Formen das Geld fehlte, dann kann man sich das heute einfach nicht mehr vorstellen. Für ihn ist die Krämerbrücke ein Ort, an dem sich Leute treffen, die tolle Ideen haben und vor allem das Leben lieben.
Das wunderschöne Erfurt hat natürlich noch viel mehr zu bieten. Im Sommer lockt die mittelalterliche Innenstadt vor allem mit vielen Straßencafés und besticht durch südländisches Flair. Erfurt lässt sich auch bestens an einem Wochenende erkunden. Wir haben einen Vorschlag für ein perfektes Erfurt-Wochenende für Sie zusammengestellt
Täglich gibt es zweistündige, öffentliche und barrierefreie Stadtführungen durch die Erfurter Altstadt (inkl. Krämerbrücke). Für gehörlose Besucher wurde eine Führung in Deutscher Gebärdensprache mit einem Videoguide entwickelt.
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