On the road again

Feininger-Radweg um Weimar

Wusstet ihr, dass ihr das Bauhaus auch fernab der Wirkungsstätten oder Museen erleben könnt? Das geht sogar sehr aktiv, draußen im Grünen. Ein Bauhaus-Meister verband die Kunst mit der Natur und nutzte ebendiese als Inspiration und Outdoor-Studio. Lyonel Feininger, von Gropius ans Bauhaus berufen, schwang sich seinerzeit aufs Rad und erkundete das Weimarer Umland.

Auf diesen Zug – besser gesagt dieses Rad – möchte ich aufspringen. Ich möchte mir die Originale zu Feiningers Werken anschauen und denselben Zauber verspüren wie er. Gemeinsam mit Maren und zwei Rädern geht’s auf den Feininger-Radweg.

Der Radweg

Der Feininger-Radweg umfasst ca. 30 km und zieht sich durch den südlichen Teil des Weimarer Landes. Die Strecke verbindet mehrere Lieblingsmotive Feiningers miteinander. Die überschaubaren Dörfer entlang der Strecke sind kaum mehr als 500 Seelenörtchen. Glasaufsteller an den einzelnen Stationen bilden Feiningers Arbeiten ab, die neben dem jeweiligen Original stehen. Sie geben den Blick direkt darauf frei und füttern Interessierte mit ein paar Informationen.

Ehrlich gesagt, bin ich kein Radsport-Profi, weshalb ich mir ein paar Orte herauspicke und nur einen Teil der Strecke befahre. Also Räder satteln und ab.

Wir beginnen unsere Tour in Oettern. Neben der idyllischen Landschaft ringsherum verliebe ich mich sofort in das Örtchen. Fachwerkhäuser, gepflasterte Gässchen, alte Mauern, viel Natur – die Zeit scheint angehalten. Schon jetzt erschließt sich mir, was Feininger so reizte.

"Die Dörfer, wohl über Hundert, in der Umgebung sind prachtvoll! Die Architektur [...] ist mir gerade recht, so anregend, zum Teil so ungemein monumental! Es giebt (sic) Kirchtürme in gottverlassenen Nestern, die mit das Mystischste sind, was ich von sogenannten Kulturmenschen kenne!"

Die Kathedrale der Zukunft

Unser Weg führt uns weiter nach Vollersroda. Die dortige Kirche wurde in 1775 erbaut. Insgesamt fertigte Feininger vier Bilder von ihr an. Die Hauptattraktion ist allerdings der Sakralbau in Gelmeroda, die sogenannte Feiningerkirche. Hier ist auch unser nächster Halt. Berühmt wurde sie, da sie als Inspiration für „Die Kathedrale der Zukunft“ diente. Diese Kathedrale ist auf dem Titel des Bauhaus-Manifests zu sehen. Über 100 Mal zeichnete er das Gebetshaus. 1999 erhielt die Kirche eine Lichtinstallation. Mit dieser wird sie zur Lichtskulptur Gelmeroda. Nachts verwandelt sie sich durch gedämpftes Licht – blau und grün – in ein lebensgroßes Feininger Gemälde. Ich kann mir gut vorstellen, dass vor allem der spitze Kirchturm ein Grund für die Faszination des Bauhaus-Meisters war. Im Inneren wartet eine kleine Ausstellung mit einigen von Feiningers Werken. Als Erinnerungsstück könnt ihr dort eine Postkarte mit der Feininger-Motiv mitnehmen und dafür einen Unkostenbeitrag dalassen.

Blick auf die Feiningerkirche in Gelmeroda

©Tobias Adam, TTG

Kleiner Bonus: Ganz aufmerksame Besucher erhaschen draußen einen Blick auf eine Miniatur-Nachbildung der Feiningerkirche ganz in der Nähe des Originals – also, Augen offenhalten!

Treffen mit Feininger persönlich

Die letzte Kirche besichtigen wir in Niedergrunstedt. Auch hier versprühen rundherum alte Gemäuer und Fachwerkhäuser ihren Charme aus vergangenen Jahren.

In guter Gesellschaft ist sie allemal: Direkt nebenan befindet sich das HOFATELIER. Der hier ansässige Kunstverein zeigt auf dem Gelände einer ehemaligen Schule nicht nur kleine Ausstellungen eigener Künstler; verschiedene Schülerangebote, auch zum Thema Feininger, laden zum Mitmachen ein. Also plant auf eurer Tour einen Halt ein.

Auch wer hier achtsam den Weg entlang radelt, findet eine Miniatur: Diesmal entdecken wir einen kleinen Feininger, der am Wegesrand hockt und zeichnet.

Letzter Halt

Sein Ende findet unser Ausflug am Geburtstort des Bauhauses in Weimar. Genauer gesagt sind wir in Oberweimar. Von der Steinbrücke, welche hier über die Ilm führt, entstanden neun Bilder aus Feiningers Feder. Eines wird in der Washington University of Arts ausgestellt. Feiningers Werke findet man heute weltweit.

Um denselben Blick auf die Brücke zu werfen wie der Bauhaus-Meister, begeben wir uns auf das Gelände des Deutschen Bienenmuseums Weimar. Neben Hofladen und Café gibt es einen kleinen Bienenweidegarten. Vom Ufer der Ilm aus begutachten wir die Steinbrücke. Unseren Ausflug lassen wir bei einem Getränk ausklingen und nehmen Platz inmitten des Gartens während fleißige Bienen neben uns summen. 

Zwei Frauen sitzen im Garten des Deutschen Bienenmuseums Weimar

©Dominik Saure, TTG

Sportlich Ambitionierten und Naturliebhabern empfehle ich damit, auch einen Blick abseits des „urbanen“ Bauhauses zu riskieren.

Titelbild: ©Dominik Saure, TTG


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