Das Experiment Bauhaus
In den Werkstätten der Bauhäusler kamen Ideen, es wurde experimentiert, gewerkelt und es entstanden Design-Klassiker, die auch heute noch in den Wohnzimmern stehen.
Walter Gropius fand, dass die Grundlage der Künste das Handwerk ist. Und da man Kunst nicht lehren kann, dafür aber das Handwerk, basierte die Ausbildung am Bauhaus auf der praktischen Arbeit in den Werkstätten. Form- und Werkmeister gaben damals ihr Wissen an die Lernenden weiter; wobei letzterer der Praktiker war und das Handwerk unterrichtete. Die Lehre war stets mit dem Gedanken verbunden, Dinge neu zu denken und damit das Zusammenleben neu zu gestalten.
Um mich dieser Idee und dem Bauhaus auch einmal praktisch anzunähern, mache ich mich auf den Weg nach Weimar und besuche die BAU-Werkstatt. Wie es dort zu fahrenden Filzstiften kam und wie das Bauhaus auch künftig in Weimar erlebbar gemacht wird, erfahrt ihr hier.
Die BAU-Werkstatt
Bevor die offene Werkstatt im BAU losgeht, schnappe ich mir Valerie – sie ist eine der drei Bauhaus Agenten in Weimar. Wir treffen uns vor der OMA, der Other Music Academy. Hier hat die BAU-Werkstatt ihren temporären Sitz – nach Schließung des alten Bauhaus-Museums am Theaterplatz und vor Eröffnung des neuen Bauhaus-Museum – gefunden. BAU erinnert an Bauhaus und steht als Abkürzung für „Build A Universe“ oder „Bitte Alles Umgestalten“. In der Werkstatt angekommen entschuldigt sich Valerie für das Durcheinander. Nur gut, dass mein Credo „Das Genie beherrscht das Chaos!“ ist… Außerdem muss es an einem Ort, wo man sich ausprobieren soll, authentisch aussehen, meine ich.
In einem kleinen Kreuzverhör erzählt sie von dem Programm Bauhaus Agenten und den neuen Werkstätten. Im Bauhaus-Museum und dem Neuen Museum in Weimar entstehen insgesamt drei.
In verschiedensten Projekten – mal mit Licht, mal mit übergroßen Bauklötzen oder zum Thema Schönheit – halfen Schüler dabei, interaktive Experimentierräume oder Stationen für die Ausstellungen und öffentlichen Bereiche der beiden Museen zu entwickeln. Sie arbeiteten so an ganz verschiedenen Bereichen der Museumsentwicklung mit. Die Ergebnisse könnt ihr ab Eröffnung am 6. April 2019 erkunden.
Umdenken, umbauen und rumfahren
Zur eigentlichen offenen Werkstatt – der vorletzten vor Museumseröffnung – ist Sebastian Wanke da. Der Künstler und Kommunikationsdesigner steht den Experimentierfreudigen heute als Praktiker zur Seite. Während Sebastian Maren und mir kurz erläutert, worum es heute geht, werkeln die ersten Kids bereits fleißig.
Das Thema „Bewegung“ beschäftigt uns heute also in der OMA. Bewegung und mechanische Neuinterpretationen. Sebastian zeigt uns die Utensilien: unter anderem ein paar Skelette von elektrischen Autos, Kabelbinder, Holzscheiben in unterschiedlichen Größen, Metallstücke und und und. Wir dürfen aber alles nutzen, was hier in den hiesigen Regalen steht. Ich verschaffe mir grob einen Überblick, schaue zu Maren und sehe – wie bei mir – ein großes Fragezeichen im Gesicht.
Kurze Frage an mich selbst, ob es den Bauhaus-StudentINNen damals ähnlich ging. Johannes Itten ließ seine Schüler im sogenannten Vorkurs Konzentrations-, Atem- und Rhythmusübungen durchführen. Diese Dynamik sollten sie dann für ihre Arbeit nutzen. Im Vorkurs lehrten Itten, Moholy-Nagy und Albers den Schülern Gestaltungsgrundlagen und das Handling von verschiedenen Materialien. Nach Bestehen entschieden sich die Lernenden dann für eine Werkstatt.
Ich atme also kurz durch, bewege mich allerdings nicht rhythmisch dazu, und greife nach ein paar Utensilien. Währenddessen fährt schon das erste modifizierte Auto auf einer selbstarrangierten Seilbahn durch den Raum… Glücklicherweise gibt mir Sebastian einen Denkanstoß; man könne ja einen Roboterarm an das Auto bauen und einen Stift zum Zeichen daran befestigen.
Da mein erster Versuch missglückte – ich versuchte eine „Stifthalterung“ samt Filzmalern mit Klebeband an dem Auto zu montieren – greife ich nun zu drastischeren Maßnahmen und zücke die Heißklebepistole. Die Kids sind nicht so zimperlich wie ich. Gefühlt sind sie freier in ihrem Handeln und probieren Sachen eben einfach aus. Rund eine Stunde später fährt meine Kreation dann über ein leeres Stück Papier und zieht in bekannter Bauhaus-Manier bunte Linien hinter sich her. Ein Erfolg: Ich habe aus dem Spielzeug eine kleine Malhilfe gebaut und so den eigentlichen Zweck des Autos neu interpretiert. Gropius wäre stolz gewesen – auch auf die Farbwahl, da bin ich sicher. Denn wie sagte er so schön? „Bunt ist meine Lieblingsfarbe.“
Bauhaus zum Anfassen
Alle von euch, die es zu keinem der BAU-Termine geschafft haben, nicht verzagen: Es gibt von den Bauhaus Agenten entwickelte Spiele in den öffentlichen Bereichen der Museen zu erkunden. Und ab April warten insgesamt drei neue Werkstätten auf euch, in denen ihr euren Bauhaus-Studenten oder eure Bauhaus-Studentin entfachen könnt.
Im Bauhaus-Museum Weimar steht euch ab dem 5. April das Werklabor offen. Das Design- und Makerlab lädt ein zum Experimentieren. Hier könnt ihr erforschen, wie Gestaltungsprozesse den Alltag prägen und geht den Bauhaus-Fragestellungen auf den Grund.
Im Neuen Museum Weimar eröffnen gleich zwei Werkstätten: Das Buchwerk und das Werkcafé. Ersteres lässt euch teilhaben am kompletten Entstehungsprozess eines Buches. Ausprobieren könnt ihr euch an den Möbeln und Maschinen aus der Otto-Dorfner-Werkstatt. An genau diesen Maschinen arbeiteten damals schon die Bauhaus-Lehrlinge.
Das Werkcafé verbindet die Arbeit mit dem Vergnügen. Bei Kaffee und Kuchen lernt ihr unterschiedliche Handwerkstechniken kennen.
Das Bauhaus ist im Jubiläumsjahr also nicht nur zum Anschauen da – in den Weimarer Museen dürft ihr euch, auch über 2019 hinaus, ausprobieren und die Kunstschule auf kreative Art aufleben lassen.
Ich wünsche euch frohes Entdecken, Erleben und Experimentieren!
Vanessa
(Falls nicht anders gekennzeichnet, Fotos: ©Djanina Dragoeva und ©Vanessa Finn, Thüringer Tourismus GmbH.)
Tipp:
Bauhaus-Erlebnistour

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