Musikalischer Hochgenuss mit der Thüringen Philharmonie Gotha Eisenach

Von Barock bis Pop – vertraute Klänge und neue Räume

In jedem traditionellen Schlossgarten des Barock gab es sie, die Boskette. Grüne Räume hinter hohen Hecken, die das vom Schloss gut einsehbare Gartenparterre mit seinen geometrischen Linien, prachtvollen Rabatten und Wasserbassins von den umliegenden Wiesen und Wäldern abgrenzten. Ein Kontrapunkt zum Strengen, Geordneten und ein sanfter Übergang zum Ungezähmten und Wilden also, mit Platz für verwunschene Labyrinthe, verspielte Formen und lauschige Salons.

An barocke Gärten denke ich, als ich in Gotha am prunkvollen Schloss Friedenstein vorbeifahre, auf dem Weg zum Probesaal der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach. Gerade feilt Chefdirigent Markus Huber hier zusammen mit dem Orchester an Mendelssohn-Bartholdy und Beethoven in Vorbereitung auf ein Konzert mit dem Pianisten Martin Stadtfeld. Takt um Takt nimmt der Sommernachtstraum Gestalt an. Die Stimmung ist heiter-konzentriert, bis zur letzten Minute. Dann haben es die MusikerInnen plötzlich eilig, Instrumentenkoffer schnappen auf und zu. Zurück bleibt noch ein kleines Kammerensemble, die nächste Probe beginnt.

Wenig später sitzen wir zusammen mit Michaela Barchevitch, der Intendantin des 71-köpfigen Orchesters, im Büro des Chefdirigenten. Von Barock zu Pop, von sinfonischen Werken über Neue Musik, klassische Orchesteraufführungen bis hin zu Kammermusik geht es in dieser Spielzeit. Das musikalische Programm der Thüringen Philharmonie, eine Art barocker Garten also? Markus Huber lacht, dann zählt er sie auf, die klassische Statuen: Brahms, Wagner und Beethoven flankieren die geradlinigen Kieswege jenes Gartens genauso wie die Büsten von Mozart und Berlioz, Prokofjew und Bartók. Ein zweiter Blick in das Programmheft lässt hinter den prunkvollen Rabatten klassischer Sinfoniekonzerte aber auch Boskette entdecken, die voller Überraschungen sind: Kleine, feine Salons wie die Philharmonie unplugged sind hier zu finden, ein musikalisches Crossover-Format mit Kompositionen u.a. von Beethoven und P!NK, Ed Sheeran und Vivaldi. Oder aber die monumentale Suite ”Die Planeten” des Briten Gustav Holst, Vorlage für grandiose Soundtracks für Filme wie Batman oder Star Wars. Spannend und ganz unerwartet auch die Verknüpfung von Kompositionen des zeitgenössischen Tonschöpfers Wolfgang Rihm mit denen von Gustav Mahler und Anton Webern. Das Konzert mit Werken von Arvo Pärt und Pēteris Vasks, die einen spannenden baltischen Akzent zur bekannten ”Finlandia” von Sibelius setzen, ist mein ganz persönlicher Favorit.

Der offene Blick für Neues und das feine Gespür für Traditionen machen jede Spielzeit der Thüringen Philharmonie zu etwas ganz Besonderem. Das Repertoire von Coldplay bis Corelli mag breit gefächert sein. Des großen musikalischen Erbes ist man sich aber stets bewusst, denn die Wurzeln der Thüringen Philharmonie reichen als Hofkapelle des Herzogs Ernst I. von Sachsen Gotha zurück bis ins Jahr 1651. Nicht nur das Ekhof-Theater, ältestes noch erhaltenes Barocktheater der Welt, zeugt von einer impulsgebenden Zeit für die deutsche Kulturgeschichte. Auch Stölzel, Bach und Telemann, die Großen der Alten Musik, allesamt stilprägend für das Musikleben Europas, hatten in Gotha und Eisenach ihre Wirkungsstätten. ”Die über Jahrhunderte gewachsene Musik- und Theaterlandschaft, die wir in Thüringen haben, ist weltweit einmalig. Nirgendwo sonst findet man so viele Orchester und Theater auf so engem Raum, eingebettet in atemberaubende Natur, den Thüringer Wald, zwischen unzähligen Burgen und Schlössern”, sagt Intendantin Michaela Barchevitch.

Ob in der Eisenacher Georgenkirche, im historischen Ekhof Theater oder auf der Wartburg, in einem Flughafenterminal oder in einem stillgelegten Bergwerk - die Thüringen Philharmonie ist bekannt dafür, neben historischen auch neue, ungewöhnliche Räume mit Musik zu füllen. Einer dieser besonderen Orte ist das Schloss Friedenstein in Gotha. Wenn dort zum jährlichen Barockfest Hunderte von Historiendarsteller mit aufgetürmten Perücken und in seidenen Manteaus über den knirschenden Kies den Schlosshof entlang schreiten und am Abend vor historischer Kulisse das fulminante Barockkonzert der Thüringen Philharmonie ertönt, fühlt man sich tatsächlich in die Zeit Herzog Friedrichs III. zurückversetzt. Der Spagat zwischen dem Vergangenen und der Gegenwart gelingt der Thüringen Philharmonie auch mit den, von der Intendantin Michaela Barchevitch ins Leben gerufenen Programmen Artist in Residence (seit 2017) und Composer in Residence (seit 2021). Mit ihnen gibt man in Gotha dem Publikum die Möglichkeit, sich dem künstlerischen Wesen der Musikschaffenden ausführlich nähern zu dürfen. Ein ganz außergewöhnliches Highlight ist die eigens für das Orchester komponierte Ouvertüre „Das fünfte Element” von dem ersten Composer in Residence der Thüringen Philharmonie Avner Dorman, dem wohl bekanntesten Tonkünstler Israels. Neben zwei Uraufführungen sind sechs weitere Werke des preisgekrönten Komponisten zu hören, unter anderem mit dem Grammy-nominierten Mandolinisten Avi Avital, der als Artist in Residence unter anderem mit Dormans Orchester-Intermezzi ”After Brahms” zu erleben ist.

Es klopft an der Tür, gleich beginnt die nächste Orchesterprobe. Ein paar Fotos noch, dann sitze ich in der Straßenbahn, die langsam durch die Stadt ruckelt, vorbei am Schloss Friedenstein, weiter in Richtung Bahnhof. Ich bin gespannt auf die Räume, in die uns die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach auch in diesem Jahr in ihrem musikalischen Garten einladen wird. Auf die großen, prunkvollen genauso wie auf die kleinen, intimen - auf das bereits Vertraute und auf das Neue, abseits geradliniger Kieswege.

Mit der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach erlebt ihr hochkarätige Konzerte.

In Thüringen ist Kunst- und Kulturgenuss nur einen Steinwurf voneinander entfernt. In folgenden Theaterhäusern könnt ihr ebenfalls Konzerte erleben: - Jenaer Philharmonie - Theater Altenburg Gera - Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen - Staatstheater Meiningen - Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar - Theater Erfurt

 

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