Worte und Orte

Martin Luthers Städte in Thüringen

Seine weiteste Reise führt Martin Luther nach Rom, aber im Alltag ist er in den Thüringer Städten unterwegs. Dort füllt er bei seinen Predigten die Kirchen, trifft Freunde, diskutiert mit Glaubensgegnern und macht Klostervisitationen. Hier sind Ausflugstipps ins Herz der Reformation und zu fünf wichtigen Wirkungsorten Martin Luthers in Thüringen.

Erfurt: Vom Studenten zum Mönch

In Erfurt, wo Martin Luther ab 1501 studierte und 1505 in das Augustinerkloster eintrat, liegen wichtige Wurzeln seiner Theologie und der Reformation. In seinen späten Jahren zitiert Luther einen Erfurter, der ihm gesagt habe „es muss eine Änderung werden, und die ist groß; es kann also nicht bestehen.“ Selbstbewusst ergänzte Luther diese Erinnerung in einem seiner Tischgespräche um den Satz: „Ich meine, es sei geschehen!“ Tatsächlich markiert der in Erfurt vollzogene Wechsel vom Studenten zum Mönch den Beginn eines der größten und folgenreichsten Wandlungsvorgänge der Kirchengeschichte.

 

An Luther in Erfurt erinnern u.a.:

  • Das Augustinerkloster mit Klosterkirche: Am 17. Juli 1505 klopfte Luther an die Pforte des Konvents der Augustiner-Eremiten.

  • Der Domberg mit Mariendom und Kirche St. Severi: Nach seinem Eintritt in das Augustinerkloster empfing Luther in einer Kapelle des Doms im April 1507 die Priesterweihe, im „Coelicum“ des Doms hielt er 1509 eine Vorlesung;

  • Das Collegium Maius (Hauptgebäude der Universität): Der Reformator begann 1501 im Alter von 17 Jahren als „Martinus Ludher ex Mansfeldt“ sein Studium. Die Immatrikulation ist der vermutlich älteste schriftliche Beleg aus dem Leben Luthers. Das Grundstudium der Sieben Freien Künste schloss er 1505 erfolgreich als Magister Artium ab.

  • Die Michaeliskirche: In der im Mittelalter von der Universität genutzten Kirche predigte Luther mehrfach.

  • Die Georgenburse: In dem unweit des Augustinerklosters stehenden Hauses wohnte Martin Luther als Student.

  • Die Barfüßerkirche: In der 1944 zerstörten und bis heute als Ruine erhaltenen Kirche hat Luther gepredigt.

  • Die Kaufmannskirche mit 1899 geschaffenem Lutherdenkmal: In dem Gotteshaus predigte Luther.

Eisenach und die Wartburg: „Keine andere Stadt kennt mich besser“

Martin Luthers Beziehung zu Eisenach begann mit seiner einsetzenden Schulzeit in 1497 und hielt ein Leben lang. Hier kam er zunächst bei Verwandten der Familie unter und musste sich noch etwas zum Lebensunterhalt dazu verdienen, weshalb er – damals nicht unüblich – als Kurrendesänger von Haus zu Haus zog. Luthers Schulgebäude stand bis 1507 südlich der Georgenkirche. 1501 wechselte Martin Luther von Eisenach zum Studium nach Erfurt. Ab dem 4. Mai 1521 lebte er für rund 300 Tage auf der Wartburg. „In Eisenach sitzt nämlich fast meine ganze Verwandtschaft, und ich bin daselbst bei ihr bekannt und ... wohlangesehen; keine andere Stadt kennt mich besser“, wie er später resümiert. Dass er Eisenach auch als Pfaffennest empfand, entsprach der Realität: Etwa jeder zehnte Einwohner gehörte dem geistlichen Stand an.

 

An Luther in Eisenach erinnern u.a.:

  • Die Wartburg, in der Martin Luther in Schutzhaft das Neue Testament ins Deutsche übersetzte

  • Die Georgenkirche, in welcher der Lateinschüler Luther gesungen und von deren Kanzel der Reformator Martin Luther mehrfach gepredigt hat

  • Das museal genutzte Lutherhaus: Es befand sich um 1500 im Besitz der einflussreichen Patrizierfamilie Cotta, die den Schüler Martin Luther einquartiert hatte.

  • Das museal genutzte Bachhaus: In Eisenach kreuzten sich die Spuren von Martin Luther und Johann Sebastian Bach auf sinnfälligste Art und Weise. Als bedeutendster protestantischer Kirchenlieddichter schuf Luther 38 Kirchenlieder, von denen Bach wenigstens 30 später vertonte.

Schmalkalden: Luther und der Schmalkaldische Bund

Zur Zeit der Reformation stand die Stadt im Blickpunkt europäischer Politik. 1530 wurde hier der Schmalkaldische Bund gegründet. Landesherr Philipp von Hessen war davon überzeugt, dass nur ein Bündnis aller Protestanten Schutz gegen den Kaiser bieten kann. Als „glanzvollster Fürstentag“ unter den Bundesversammlungen gilt der im Winter des Jahres 1537. 16 Fürsten, sechs Grafen, Gesandte des Kaisers, des Papstes, des französischen und des dänischen Königs, Vertreter von 28 Reichs- und Hansestädten sowie 42 evangelische Theologen waren anwesend – darunter Dr. Martin Luther. Zu jener Zeit war er einer der bedeutendsten und populärsten Theologen. Im Gepäck hatte er die „Artikel, darauf ich stehen muss und stehen will, bis in meinen Tod, ob Gott will, und weiß darinnen nichts zu ändern noch nachzugeben“, wie er in einem Brief schreibt. Diese Glaubenssätze fanden als Schmalkaldische Artikel ab 1580 Eingang in das Konkordienbuch der evangelischen Kirche.

 

An Luther in Schmalkalden erinnern u.a.:

  • Das Rathaus: Es war Gründungsstätte und zwischen 1530 und 1543 wichtigste Beratungsstätte des Schmalkaldischen Bundes. Auf die Ereignisse im 16. Jahrhundert verweisen in der Rathausvorhalle die Wappen der Mitgliedstädte des Bundes und die von Wieland Förster 1996 geschaffene Lutherbüste.

  • Die spätgotische Stadtkirche St. Georg: Im Februar/März 1537 predigten die namhaftesten protestantischen Theologen hier, darunter zweimal Martin Luther. Die als Lutherstübchen bezeichnete ehemalige Paramentenkammer beherbergt ein kleines Kirchenmuseum.

  • Das Lutherhaus: In dem beeindruckenden Fachwerkbau wohnte Martin Luther während seines Aufenthaltes in der Stadt. Weil er krank war, hat Luther wichtige Leute hier empfangen und hier gepredigt. 

  • Das Schloss Wilhelmsburg: Die Dauerausstellung des Schlossmuseums widmet sich auch der Reformation, Martin Luther und dem Schmalkaldischen Bund.

Weimar: „Hier gehet es mir wohl!“

Für Martin Luther war die Stadt an der Ilm ein während seiner Reisen gern genutzter Ort zum Übernachten. Ebenso oft steuerte er die Stadt zielgerichtet an, da sich hier die reformatorischen Gedanken ausbreiteten und diskutiert wurden. Weimar gehörte seit 1485 zum Territorium der Ernestiner. Unter Herzog Johann dem Beständigen setzte sich die Reformation hier schnell durch und Weimar wurde die neue Residenz der Ernestiner.

1540, fünf Jahre vor seinem Tod, lässt der 57-jährige Luther aus Weimar seine „herzliebe Käthe, Doctorin Lutherin etc. ... untertäniglich wissen, daß mirs hier wohl gehet. Ich fresse wie ein Böhme und saufe wie ein Deutscher, das sei Gott gedankt, Amen.“ Zu diesem Aufenthalt war Luther gerufen worden, weil sein in reformatorischen Fragen engster Verbündeter Philipp Melanchthon (1497-1560) in Weimar mit dem Tode rang. Doch das „Wunder“ geschah, der Schwerkranke wurde gesund.

 

An Luther in Weimar erinnern u.a.:

  • Die Stadtkirche St. Peter & Paul (Herderkirche), in welcher Luther von der Kanzel predigte. Der Taufstein und einige Kelche sind Inventar aus lutherischer Zeit. Von Lucas Cranach begonnen und von seinem Sohn 1555 vollendet, wurde der Flügelaltar in der Stadtkirche.

  • Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Zum Bestand gehört eine einzigartige Bibelsammlung mit einer prachtvollen Lutherbibel aus dem Jahre 1534. Kostbar ist auch das in hellem Schweinsleder gebundene Stammbuch von Heinrich Kohlhans mit Autographen u.a. von Martin Luther. Unter den in der neuen Cranach-Ausstellung (ab April 2022) zu sehenden Werken befindet sich das um 1522 in Wittenberg entstandene Porträt „Martin Luther als Junker Jörg“.

  • Das Stadtschloss mit der als „Himmelsburg“ bezeichneten, von einem Brand vernichteten Schlosskirche. Hier hat Luther gepredigt.

  • Das ehemalige Franziskanerkloster (Am Palais): In der nur in Resten überkommenen Klosterkirche hat Martin Luther gepredigt.

Jena: Abrechnung mit Karlstadt

Martin Luther war zwischen 1522 und 1537 mindestens elf Mal in Jena. Erstmals machte er hier am 3. März 1522 Station. Zu dieser Zeit lebte er als „Junker Jörg“ getarnt auf der Wartburg, musste aber für einige Tage nach Wittenberg. Die geheime Mission blieb unerkannt. Riskant und unaufschiebbar waren auch Luthers Aufenthalte in Jena und in weiteren Orten des Saaletales im August 1524. Sie waren verbunden mit dem Namen seines einstigen Verbündeten Andreas Bodenstein (1486-1541). Der Mann, der sich auch Karlstadt nannte, hatte Luthers gewaltlosen Weg theologischer Neuorientierung verlassen und war zu allem bereit, wie erste Übergriffe auf Klöster zeigten. In der dichtgefüllten Jenaer Stadtkirche rechnete Luther während einer 90-minütigen Predigt mit dem anwesenden Karlstadt ab – die eskalierende Situation änderte das nicht. Die 1558 gegründete Universität Jena ist ein – wenn auch spätes – Kind der Reformation.

 

An Luther in Jena erinnern u.a.:

  • Die Stadtkirche St. Michael: Von der um 1500 entstandenen, mit Rankenornamenten geschmückten Kanzel predigte Luther mehrfach. Dieser direkt gegenüber ist die Grabplatte für den Reformator aus der Werkstatt des Bronzegießers Johann Ziegler angebracht.

  • Das Hotel „Schwarzer Bär“, in welchem Luther mehrfach übernachtete und sich häufig mit Studenten austauschte. Ein Gemälde im Foyer erinnert daran.

  • Die Universitätsbibliothek, die 1549 von Wittenberg nach Jena kam. Kostbare Drucke der Reformationszeit, darunter auch Luthers Handexemplare des Alten und des Neuen Testaments mit handschriftlichen Eintragungen, gehören ebenso zum Bestand wie 35 Bände Aufzeichnungen des Theologen Georg Rörer.

  • Im Stadtmuseum am Markt kann eine originale Jenaer Lutherbibel eingesehen werden.

Darüber hinaus gibt es weitere Lutherstätten in Thüringen, die direkt mit Worten, Musik oder Bildern der Reformation und Martin Luthers Wirken in Thüringen in Verbindung stehen.

Dazu gehören z. B. das Herzogliche Museum in Gotha (Cranach-Galerie), das Augustinerkloster in Gotha (Aufenthalts- und Predigtort Luthers), die Stadtkirche St. Johannis in Neustadt/Orla (Cranach-Altar), die Schlosskirche in Altenburg (Predigtort Luthers), die Kirche St. Blasii in Nordhausen (Predigtort Luthers), die Margarethenkirche in Kahla (Predigtort Luthers) oder die Stadtkirche St. Johannis (Predigtort Luthers) in Saalfeld.

Der Lutherweg verbindet die zahlreichen Lutherstätten in Thüringen und führt Wanderer auch über die Landesgrenzen hinaus nach Coburg (Bayern) oder Torgau (Sachsen). Ein neuer Luther-Radweg führt zu wichtigen Lutherorten in Sachsen-Anhalt, darunter die Städte Eisleben oder Wittenberg.


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